Handwerkskammer Ulm bringt Geflüchtete und Handwerksbetriebe zusammen — offene Türen für Menschen aus der Ukraine
Immer mehr Handwerksbetriebe setzen beim Besetzen von offenen Stellen auch auf Auszubildende und Fachkräfte aus dem Ausland. Dabei hilft beispielsweise das Projekt „Integration durch Ausbildung - Perspektiven für Zugewanderte“, das die Handwerkskammer Ulm gemeinsam mit der Landesregierung betreibt. In den vergangenen fünf Jahren sind so in den sieben Stadt- und Landkreisen im Kammergebiet über 700 Geflüchtete in eine Ausbildung in einem Handwerksbetrieb gestartet. Landesweit sind, laut Ministerium in Baden-Württemberg, 3.200 Ausbildungsplätze mit Geflüchteten besetzt worden, insbesondere im Handwerk und in der Industrie. Auch für Menschen, die in diesen Tagen aufgrund des Ukraine-Kriegs ihr Land verlassen, werden die Handwerksbetriebe zwischen Ostalb und Bodensee ihre Türen öffnen. Sie könnten den Geflüchteten langfristig eine Perspektive bieten und sie über Ausbildung und Arbeit in ihren Betrieben integrieren. „Wir haben in der Syrienkrise gelernt, wie Integration durch Ausbildung und Handwerksarbeit gelingen kann. Das werden wir jetzt nutzen, denn der Bedarf an Fachkräften in unseren Betrieben und damit die Chancen für alle Beteiligten sind groß“, sagt Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.
Seit 2016 helfen die Berater der Handwerkskammer Ulm jungen Menschen mit Migrationshintergrund beispielsweise dabei, den passenden Ausbildungsberuf zu den eigenen Fähigkeiten zu entdecken oder eine Bewerbung zu schreiben. Sie sorgen außerdem für eine fachliche Begleitung. So können Ausbildungsinhalte gemeistert werden und die Lehre muss nicht abgebrochen werden. Aktuell sind noch 327 Geflüchtete in den Handwerksbetrieben im Kammergebiet in Ausbildung. Davon jeweils 42 im Alb-Donau-Kreis und in Biberach, 36 im Bodenseekreis, 26 im Kreis Heidenheim, 58 im Ostalbkreis, 61 im Kreis Ravensburg und 62 im Stadtkreis Ulm. Besonders häufig starten sie eine Lehre zum Fleischer. Mehr als 44 Prozent der Azubis in diesem Gewerk kommen aus dem Ausland. Der Anteil ausländischer Azubis im Maler- und Lackierer-Gewerk beträgt 35 Prozent, bei den Stuckateuren sind es 34 Prozent und bei den Fahrzeuglackierern 32 Prozent. „Mittlerweile können wir sagen, dass die Bestehensquote eines Zugewanderten trotz dessen schwierigen Ausgangsbedingungen nahezu identisch ist, zu einem Azubi ohne Fluchthintergrund“, erklärt Mehlich.
Die Handwerkskammer Ulm hilft aber nicht nur Geflüchteten einen Ausbildungsplatz zu finden. Sie berät Betriebe auch dabei, wie sie Integration durch Ausbildung gestalten können. Das geschieht beispielsweise über Willkommenslotsen. Seit 2016 haben im Gebiet der Handwerkskammer Ulm insgesamt mehr als 1.500 Beratungen für die Handwerksbetriebe zu diesem Oberthema stattgefunden. „Zudem können wir im Ausland erworbene Qualifikationen in einem Zeugnis anerkennen oder auch ergänzen, damit sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt angenommen werden“, so Mehlich. In den vergangenen zwei Jahren hat die Anzahl der Geflüchteten, die einen Ausbildungsplatz suchen, stetig abgenommen. Auch die Corona-Pandemie hat die Zuwanderung weiter ausgebremst. Denn die komplizierten Aus- und Einreisebedingungen haben den Start in einen Handwerksberuf für Migranten erschwert. Nun könnte der Krieg in der Ukraine diesen Trend in den kommenden Monaten wieder verändern.
Info:
Über das Projekt „Integration durch Ausbildung — Perspektiven für Zugewanderte“ werden Geflüchtete in Baden-Württemberg bei der Ausbildungsplatzsuche unterstützt. Das Projekt wird gefördert vom Landesministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus. www.hwk-ulm.de/kuemmerer-2/
Handwerksbetriebe können über das Projekt „Willkommenslotse“ bei der Integration von Geflüchteten beraten werden. Das Projekt wird gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. www.hwk-ulm.de/willkommenslotse/